logoBurgKlusenstein

Bildpostkarten
Bönemann
Bücher

Reiseberichte von 1806 und 1859
Dr. Theo Bönemann

W. Strack hat den wohl ausführlichsten und bislang ältesten Reisebericht zu Klusenstein in einer Veröffentlichung im Jahre 1806 hinterlassen. Seine Eindrücke lassen seine geografischen und künstlerisch motivierten Fähigkeiten erkennen. Strack scheint bei seiner Wanderung unter Blitz und Donner in den Abgrund der Erde hinabzusteigen. Der Müller von Klusenstein besichtigt als Reiseführer mit seinem Gast die Welt der Felsen und Höhlen, entdeckt seltene Kräuter und beschreibt wenig bekanntes Brauchtum:

KatasterBurg02„Wir hatten Deilinghofen (1 Stunde) am späten Abend erreicht. Der Tag war äußerst schwül gewesen, der ganze Gesichtskreis von schwarzen Wetterwolken umlagert. Röther flammten die Blitze, knitternder folgten die Donnerschläge. Lange fiel kein einziger Tropfen. Es schien, als sollte die Natur in Feuer aufgehen. Endlich begann ein Platzregen herabzurauschen, bald stärker, bald schwächer – dauert er fort, bis der Morgen anbrach. Sogleich ließen wir satteln, den Weg in’s Hönnethal uns andeuten, und fröhlich ritten wir fort. Die Luft wurde immer dünner, immer blauer; von Feldern und Bergen fing dagegen ein weißer Nebel an, sich empor zu kräuseln. Bald hatte er uns alle, nicht ganz nahe Gegenstände verhüllt. Sehnsüchtig blickten wir nach den starren Felsenmassen, die uns den Klusenstein bezeichnen sollten; sie waren nicht zu unterscheiden. Wir stiegen ab, und setzten uns auf den Stumpfen einer gewaltigen, frisch abgehauenen Eiche. Von hier an, durch's innere Westfalen, findet man diesen deutschen Baum in seiner vollen Kraft und Herrlichkeit. – Endlich erhob sich die Sonne; der Nebel schien zu schmelzen; das junge Grün der Buchen tauchte hervor; kolossale, weiße Gestalten lagerten dazwischen. Wir begrüßten das majestätische Schauspiel mit frohem Staunen, und eilten ihm entgegen. Ein schmaler Feldweg führt an den Rand des Thales; unter hoch aufgeschossenen Buchen windet sich der Pfad hinab. Doch geht auch eine Fahrstraße, noch am Klusenstein, durch dasselbe hinauf nach Esborn, Oelinghausen und Arnsberg; der gewöhnliche Weg aber durchschneidet es eine halbe Stunde höher. Mehrere Gründe, die jedoch hier keine Ausführung leiden, machen es höchst wahrscheinlich, daß, in der nämlichen Richtung, ein römischer Kriegsweg nach der Ruhr und weiter nach der Weser hin liegt.


Felhofhöhle0202

Feldhofhöhle auf halber Flankenhöhe am ehemaligen
„Mühlenweg“ von Brokhausen oberhalb der Hönne.
Postkarte um 1925. (Sammlung Bönemann)
 

Der Boden des Thales ist da, wo der Felsen nicht zu Tage streicht, oder herabgestürzte Steinklumpen ihn bedecken, mit einem feinen Grase und Strauchwerk mancher Art bewachsen. Die Menge des wilden Thimians und anderer Gebirgskräuter füllt die Luft, in den Sommermonaten, mit Wohlgerüchen. In hundert Krümmungen windet sich die muntere, silberhelle Hönne; bespült jetzt die eine, dann die andere Seite des Thales, hält jetzt die Mitte desselben, und füllt es, weiter hin, in seiner größten Enge, ganz aus. Zahllose Felsenstücke brechen ihre kleinen Wellen; hier und da wölben sich, über ihrem Bette, mächtige Eichen und herrliche Buchen so dicht in einander, daß die klare Flut völlig schwarz erscheint. So friedlich aber das Flüßchen bei schöner Witterung sich darstellt – eben so wild und unbändig wird es, gleich allen Bergwassern, bei heftigen Regengüssen, zumal bei schnellem Abgange des, im hohen Süderlande sehr häufig fallenden Schnee's. Wo das Thal am weitesten doch immer noch schmal ist, liegt eine alte, düster aussehende Mühle. Ihr eintöniges Geklapper ist der einzige Laut, der sich in das Rauschen der Hönne mischt. Fast sollte man glauben, Veit Weber habe von diesem Lokal seine Schilderung der Mühle im Schwarzthal entlehnt. Seitwärts ihrer Klause haben die Bewohner einen Garten angelegt, in dem nicht nur mancherlei Gemüse, sondern auch verschiedene Obstsorten fröhlich gedeihen. – Wie aber die ungeheuern, grotesken Einfassungen des Thales beschrieben, die hier als lange zerklüftete Mauern emporsteigen; dort gleich halb zertrümmerten Warten einer Riesenburg hervortreten; hier in wild auf einander gehäuften und weit überhängenden Massen dem Wanderer drohen; dort, wie von ihrer schwindelnden Höhe herab mit dem Lothe gemessen, ihn von der übrigen Welt für immer abzusondern scheinen? Der Pinsel des Künstlers muß reden! Doch stellt unser Bild nur einen kleinen Abschnitt des großen Panoramas dar. Am frappantesten entfaltet es sich vielleicht an der rechten Thalseite, und hier endigt es auch in jener gewaltigen, senkrechten Klippe, die den Namen der Hoster-Leie, oder der Habichts-Leie führt. Die Sage erzählt, einer der letztern Kurfürsten von Köln – wenn der Verfasser nicht irrt, Klemens August – der das edle Waidwerk und um dessen willen sein Herzogthum Westfalen leidenschaftlich liebte, – habe in dieser Gegend gejagt und mit seiner Gesellschaft einen vorzüglich großen Hirsch aufgescheucht. Das geängstete Thier nimmt seinen Lauf gerad’ auf jene Klippe; fast haben es die Hunde ereilt, da setzt es herab in die schwindelnde Tiefe, nimmt – unbegreiflich – keinen Schaden, und entrinnt seinen Verfolgern.

Unter dem Klusenstein – die Reste dieser Burg krönen den höchsten Felsen der linken Seite – wölbte die Natur eine, zwar nicht große, aber schön geformte und sehr trockene Grotte. Um zu ihr zu gelangen, muß man ein paar Felsenbänke überklimmen. Das Innere der Höhle steigt merklich. Am hintern Ende ist sie durch einige schwere Steine verstopft. Die Ueberlieferung berichtet, dies sey Menschenwerk. Die Höhle soll nämlich in früheren Zeiten, mit den Burgkellern zusammengehangen, und der Besatzung einen heimlichen Ausweg geboten haben. An derselben Berglehne, aber etwas weiter das Thal hinauf und höher über dem Flüßchen klafft, aus Bäumen und Gesträuch, eine andere, ungleich bedeutendere Höhle. Wie ein großer Saal, mit platt gedrucktem Gewölbe, geht sie erst eine längere Strecke flach und in gerader Richtung fort; dann theilt sie sich in ver­schiedene, nie ganz erforschte Arme. Vor sehr vielen Höhlen, welche der Verf. [Verfasser Strack] sah, ist diese Personen des schönen Geschlechtes zu empfehlen, welche eine solche unterirdische Wallfahrt vorzunehmen Lust haben. Zwar enthält sie keine besondere Merkwürdigkeiten, aber ihr fast durchaus ebener und trockner Boden erleichtert die Wanderung ungemein. Der Müller des Thals ist ein eben so freundlicher, als vorsichtiger Führer. Doch thun Fremde wohl, Wachslichter, oder – soll die Erleuchtung schöner werden – einige kleine Fackeln mitzubringen. Ohne das müssen sie sich mit ein Paar trüben Lampen behelfen, welche für eine größere Gesellschaft nicht hinlängliche Helle verbreiten.

Wir fanden den vordern Theil der Höhle, in dem, den Tag über, eine anmuthige Dämmerung herrscht, sauber gekehrt, und längs den Wänden, in angemessener Entfernung, Steine von gleicher Höhe gelegt. Wir bemerkten dies unserm Führer, und er sagte uns, dies wären Vorbereitungen zu einem Feste, das jährlich am zweiten Pfingsttage begangen werde. (Bis dahin waren nur noch vier Tage; jene Feier fiel diesmal sehr spät ein). Ueber die Steine wurden Bretter gelegt und dadurch Sitze geschaffen; an den Seiten wurden Maien [Maibüsche] aufgerichtet; weiter hin – auch in der Mitte. Zeitig am Nachmittage versammelte sich das junge Volk der Gegend, ziehe mit Musik und Gesang in die Höhle, erlustige sich mit Scherz und Spiel und beschließe spät, unter heller Erleuchtung, mit fröhlichen Tänzen. Daß es dabei nicht an Genüssen für den Gaumen fehlt, lässt sich vom Hang der Westfalen zu dieser Art von Sinnlichkeit erwarten. Schade aber wär’ es, wenn dieses ächte Volksfest, früher oder später, einging; zumal in einem Lande, das wirklich arm an solchen Ergötzlichkeiten ist. Doch darf man dies so leicht nicht besorgen; denn schwerlich haben altdeutsche Sitten und Gebräuche irgendwo tiefere Wurzel geschlagen, als gerade in diesem gebirgichten Landstriche. Häufig hört man, im Vorbeigehen gesagt, von Hirten, oder andern Landleuten, Gesänge, die in Worten und Weisen ganz den Geist der Vorwelt athmen. Es dürfte sich der Mühe lohnen, eine Sammlung davon zu veranstalten.“

Die in obigem Reisebericht beschriebene Pfingstfeier wird noch einmal in „Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen“, 1859, beschrieben. Wahrscheinlich handelt es sich um dieselbe Höhle, die jedoch ausschließlich von den evangelischen Jugend, vermutlich Brockhausens, bevorzugt wird:

„Unweit des Clusensteins an der Hönne liegt der Schulenstein, eine Höhle, in welcher ein Gebilde aus Tropfstein den Namen rûendäupe oder pêrdedäupe führt. Hierher zieht die Jugend aus den Dörfern der Umgebung, doch wie es scheint nur die auf dem linken Ufer des Flusses wohnende evangelische, am ersten Pfingsttage mit Strohschofen, die mit Birkenreisern umwunden sind, welche dann in der Höhle angezündet werden. Brockhausen u.s.w.“

Signetklein        Bücher        Fotos        Bildpostkarten        Aufsätze und Presse        650 Jahre Burg Klusenstein